BRAUCHE ICH EIN TESTAMENT?
Wahrscheinlich führt Sie die Diagnose metastasierter Brustkrebs im Laufe Ihrer Behandlung zu der schmerzhaften Frage, wie lange Sie noch zu leben haben. Damit gehen, neben all den Sorgen und Gedanken, die Sie sowieso schon mit sich tragen, noch Fragen und Gedanken einher, was mit Ihrem persönlichen Besitz geschehen soll. Wenn es Ihnen wichtig ist, dass Ihr persönlicher, materieller Besitz und/oder Ihr Vermögen an bestimmte Menschen geht, dann ist ein Testament dienlich. Gibt es kein Testament, tritt die gesetzlich verankerte Erbfolge ein. Diese führt zu einer Aufteilung Ihres Vermögens auf Ihre Angehörigen in einer bestimmten Reihenfolge. Kinder, Ehepartner*in sowie Enkel*innen und Eltern werden dabei primär bedacht.
Ein Testament stellt sicher, dass Ihr Vermögen und persönlicher Besitz gemäß Ihren Wünschen verteilt werden. In Österreich gibt es aber ein Pflichtteilsrecht. Dieses regelt, dass bestimmte nahe Angehörige trotzdem einen vordefinierten Anteil Ihres Vermögens bekommen. Das bedeutet, dass auch diejenigen Personen, die Sie vielleicht nicht als Erb*innen ausgesucht haben, etwas erhalten.
Man sollte meinen, ein Testament habe etwas Einfaches zu sein. An sich ist das so, aber wenn Sie viele Menschen in unterschiedlicher Weise bedenken oder Ihren Besitz nach komplizierteren Regelungen aufteilen möchten, sollten Sie sich überlegen, für das Aufsetzen eines Testaments professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, trotz der damit verbundenen Kosten (bei komplexeren Angelegenheiten können diese durchaus vierstellige Euro-Beträge erreichen). Einfache Testamente sollten um dreistellige Euro-Beträge möglich sein. Anwält*innen und Notar*innen haben zudem die Möglichkeit, Ihr Testament in einem Register gegen eine geringe Gebühr elektronisch zu hinterlegen. So können Sie sicher sein, dass Ihr Testament berücksichtigt wird.
Falls Sie sich in diesen persönlichen Angelegenheiten niemandem anvertrauen wollen oder können und selbst ein Testament verfassen möchten, sind folgende Punkte von Bedeutung:
- Schreiben Sie eigenhändig und handschriftlich auf, wen Sie im Fall Ihres Ablebens mit welchen Teilen Ihres Vermögens bedenken wollen. Damit alles ganz klar ist, schreiben Sie auf, dass dies Ihr Testament sein soll.
- Unterzeichnen Sie das Dokument. Durch die Unterschrift wird es gültig und ist formrichtig.
- Wenn es Ihnen lieber ist, das Dokument am Computer zu schreiben, können Sie dies tun. Allerdings benötigen Sie dann Testamentszeug*innen, die mit ihren Unterschriften bestätigen, dass es sich bei dem Dokument um Ihr Testament handelt.
Hier finden Sie z. B. weitere Informationen, wie man ein Testament verfassen muss und was dabei zu beachten ist. Auch wenn Sie Ihr Testament selbst verfassen: Eine elektronische Registrierung, wie oben erwähnt, ist empfehlenswert.
WAS GESCHIEHT MIT MEINEN DIGITALEN DATEN UND KONTEN NACH MEINEM ABLEBEN?
Zu Ihrem persönlichen Besitz gehören auch Ihre digitalen Daten. Oftmals gehen mit dem Lebensende eines Menschen digitale Daten, insbesondere Zugangsdaten (Benutzer*innenkonten), E-Mails und sonstige nur digital verfügbare Informationen, unwiederbringlich verloren. Der Umgang mit hinterlassenen digitalen Daten kann für Hinterbliebene herausfordernd sein. Manchmal kommt es vor, dass sich Unternehmen weigern, digitale Daten nach dem Ableben eines Menschen bereitzustellen. Daher ist es vernünftig, auch den digitalen Nachlass – so schwer das auch für Sie sein mag – zu berücksichtigen und zu regeln.
Was ist ein digitaler Nachlass?
Viele Menschen sind heutzutage täglich im Internet unterwegs, beteiligen sich in den sozialen Netzwerken, tauschen dadurch Informationen aus oder hinterlegen Daten. Einkäufe werden gerne online abgewickelt, sei es die Bestellung in einem Online-Shop, beispielsweise elektronische Bücher, oder der Online-Abschluss einer Versicherung. Damit niemand sonst Zugriff auf den eigenen Account und die dort hinterlegten Informationen hat, werden teilweise sehr komplexe Passwörter verwendet. Ohne diese Zugangsdaten ist es oft sehr schwierig, manchmal sogar fast unmöglich, auf diese Accounts und die Daten zuzugreifen. Das mag irrelevant sein, wenn nur der Account für eine Kinokette nicht mehr zugänglich ist, aber bei Bankdaten ist das natürlich anders. Laufende Verträge können Kosten verursachen, wenn man nicht in der Lage ist, sie zu kündigen.
Beim digitalen Nachlass handelt es sich vor allem um Benutzer*innenkonten und persönliche Daten, die nach dem Tod eines Menschen im Internet oder auf Geräten, wie z. B. dem Laptop oder Smartphone, weiterbestehen und die fast immer digital mit entsprechenden User*innennamen und Passwörtern geschützt sind. Dazu gehören unter anderem:
- Zugangsdaten zu E-Mail-Konten, Online-Banking und dergleichen
- Benutzer*innenkonten bei Online-Diensten (Spotify, Netflix, Amazon, Zalando, Zeitschriften, Cloud-Dienste …)
- Profile, Fotos und Videos im Internet, z. B. auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder LinkedIn
- In Cloud-Dienste (z. B. iCloud oder Google) hochgeladene Fotos oder sonstige Dokumente
- Eigene Website oder eigener Blog
- Auf einem Gerät (PC, Smartphone, Tablet) abgespeicherte Daten, wie z. B. Fotos und Videos oder Kontaktdaten
Ihre Erb*innen treten in alle Ihre Rechte, Pflichten und Rechtsverhältnisse ein, das gilt somit auch für Ihre digitalen Daten und im Internet abgeschlossenen Verträge. Die wichtigste Vorsorge für den digitalen Nachlass ist daher die Erstellung einer Liste aller digitalen Daten, die Sie besitzen. Diese Liste sollte auch alle Ihre Online-Konten (inklusive Benutzer*innennamen sowie Passwörter der Konten) umfassen. Für Ihre Liebsten ist es dadurch einfacher, Ihren Wünschen nachzukommen und auf Ihre Daten zuzugreifen, um so z. B. Benutzer*innenkonten zu löschen, aber auch mögliche Mitgliedschaften und Abos zu beenden. Mittlerweile bieten einige Unternehmen bereits Unterstützung in diesem Bereich an.
Diese Liste kann entweder alleine oder gemeinsam mit einem Testament bei einem Rechtsanwalt*einer Rechtsanwältin oder einem Notar*einer Notarin hinterlegt werden. Falls Sie das nicht möchten, kann die Liste auch an einem sicheren Ort – physisch oder digital – aufbewahrt werden. Gleichzeitig sollten Sie auch festlegen, an wen sich der digitale Nachlass richtet. Konkrete Anweisungen an die Hinterbliebenen, wie mit dem digitalen Nachlass umzugehen ist (sollen Daten gelöscht oder erhalten bleiben, sollen sie an jemanden übertragen werden?), sind empfehlenswert. So können Sie selbst festlegen, ob z. B. in einem sozialen Netzwerk (wie etwa Facebook) Ihr Profil gelöscht oder ein Gedenkstatus eingerichtet werden soll.
Neben diversen sozialen Netzwerken, die Optionen für den digitalen Nachlass anbieten, gibt es auch einige andere Anbieter, bei denen man einen digitalen Nachlass hinterlegen kann. Wie auch immer man es macht, richtige und vollständige Daten erleichtern Ihren Hinterbliebenen in der schweren Zeit vieles.
Checkliste
- Überlegen Sie sich, wer sich um Ihren digitalen Nachlass kümmern soll.
- Welche Daten (z. B. Fotos, Videos, E-Mails, Musikdateien …) sind auf welchen Geräten (z. B. Smartphone, Laptop, Tablet) oder Cloud-Diensten vorhanden?
- Was soll mit diesen Daten passieren? Sollen sie erhalten, gelöscht, archiviert oder an eine bestimmte Person übertragen werden?
- Was soll mit Online-Profilen auf sozialen Netzwerken geschehen? Sollen sie gelöscht werden, soll ein Gedenkstatus eingerichtet werden?
- Notieren Sie alle Ihre Zugangsdaten für Ihre Benutzer*innenkonten (E-Mail-Adresse bzw. Benutzer*innenname und Passwort).
- Verwahren Sie diese sensiblen Informationen an einem sicheren Ort, wenn möglich bei einem Rechtsanwalt*einer Rechtsanwältin oder einem Notar*einer Notarin.
Weitere Informationsquellen zu diesem Thema finden Sie hier.
WIE KANN ICH FÜR MEINE KINDER VORSORGEN?
Es ist sehr schwierig, sich Gedanken darüber zu machen, was passiert, wenn man selbst nicht mehr da ist. Besonders wenn man Kinder hat, ist das sehr schmerzlich. Vielleicht machen Sie sich Sorgen, wie es nun weitergehen soll. Neben dem emotionalen Aspekt der Krankheit und vielen schwierigen Gesprächen mit Familie und Freund*innen kann es sich beruhigend anfühlen, in einer Zeit der Ungewissheit ein Stück Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. So nebensächlich es zum jetzigen Zeitpunkt wirken mag: Es ist wichtig, Ihre eigenen finanziellen Entscheidungen zu treffen und für Ihre Kinder, sofern möglich, vorzusorgen. Dies können Sie durch ein Testament tun oder indem Sie Ihren Kindern etwas schenken. Beim Schenken gibt es jedoch wegen des Pflichtteilsrechts einige Dinge, die Sie beachten müssen.
Wie so oft gilt: Im Zweifelsfall lassen Sie sich von einem Experten*einer Expertin beraten.
Sonst können Sie in dieser Hinsicht leider nur sehr wenig bestimmen. Sie können nämlich nicht für die Zukunft verbindlich festlegen, wer für Ihre Kinder sorgen soll. Normalerweise verbleibt die Obsorge beim anderen Elternteil. Gibt es diesen nicht, übernehmen die Großeltern oder Ihre erwachsenen Geschwister diese Aufgabe. Wenn Sie in einer Verfügung andere Wünsche äußern, wer sich künftig um Ihre Kinder kümmern soll, wird dies zwar üblicherweise von Gerichten zumindest positiv zur Kenntnis genommen, jedoch nicht unbedingt berücksichtigt. Es macht aber durchaus Sinn, derartige Dinge in Ihr Testament aufzunehmen. Vor allem, wenn Ihre Kinder eine besonders wichtige Bezugsperson haben, die nicht automatisch die Obsorge erhalten wird.
TIPPS & RESSOURCEN
Referenzen
Wir bedanken uns bei Dr. Gerald Gries, Rechtsanwalt und Experte in Sachen Arbeitsrecht, für die Zusammenstellung der rechtlichen Aspekte.
Zusätzliche Quellen:
Arbeiterkammer Niederösterreich. Digitaler Nachlass. https://noe.arbeiterkammer.at/digitaleserbe, abgerufen im April 2023.
ISPA – Internet Service Providers Austria. Digitaler Nachlass. November 2020.
Mehr zur Entstehung dieser Inhalte finden Sie hier.
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